Schultüte und Premierenfieber

Es gibt Tage, die tragen mehr Bedeutung, als man ihnen auf den ersten Blick ansieht. Der erste Schultag zum Beispiel: Zwischen Stolz und Unsicherheit, gespitzten Bleistiften und festgehaltenen Händen. Es liegt etwas in der Luft, eine Potenzialität, denn alles ist neu und alles ist möglich. 

Ganz ähnlich fühlt sich auch der erste Tag einer neuen Spielzeit im Theater an. Das Licht im Foyer leuchtet wieder auf, die Ankündigungen für die neuen Stücke hängen frisch an der Fassade, die Probenpläne liegen bereit. Ensemblemitglieder, Kolleginnen und Kollegen aus allen Gewerken kehren zurück aus den Theaterferien – neugierig, erwartungsvoll, vielleicht ein wenig nervös. Neue Kolleg:innen werden begrüßt, Freundschaften gefestigt oder geschlossen. Wie auf dem Pausenhof mischt sich Vertrautes mit Neuem, Routinen mit Überraschungen. Denn wir alle kommen zusammen, um das zu tun, was uns antreibt – unsere Profession und Leidenschaft: Theater machen. Welche Geschichten werden wir erzählen? Welche Begegnungen liegen vor uns?

Am 30. und 31. August geht es los: Mit „Vorhang auf“ eröffnet das Große Haus die Bühne für die neue Saison. Am 13. September folgt die erste Musiktheater-Premiere: Giuseppe Verdis „La Traviata“, eine berührende Geschichte über Liebe, Opferbereitschaft und gesellschaftliche Zwänge. Das Junge Staatstheater startet mit einer Uraufführung von Marc Becker mit dem Titel „Lügen lernen“ (14. September), die einen verspielten Blick auf das Schwindeln, Tricksen und Geschichten-Erfinden wirft. 

Im Schauspiel beginnt die Spielzeit am 20. September mit einer Inszenierung von William Shakespeares „Der Sturm“, erarbeitet von der Hausregisseurin Ebru Tartıcı Borchers. Es folgt am 28. September die Premiere der Komödie „Bondi Beach“ von Rebekka Kricheldorf in der Regie von Moritz Peters. Ein bissiger, kluger und humorvoller Abend über das Älterwerden und alles, was dazugehört.

Zudem feiern zahlreiche Produktionen den sieben Sparten ihre Wiederaufnahme, darunter das Musical „Cabaret“, das Schauspiel „Mascha K. (Tourist Status)”, das queerfeministische Straßentheaterprojekt „Sheroes #3“, der Audiowalk „Zukunftsmusik – wir werden uns erinnert haben“, die Kinderoper „Ritter Odilo und der strenge Herr Winter“, die Ballettinszenierung „Romeo und Julia“ und viele mehr.

Die kommenden Wochen versprechen intensive Proben, neue Perspektiven und Geschichten, die unter den Nägeln brennen. Wir freuen uns auf eine Spielzeit, die sich nicht nur künstlerisch weiterentwickeln möchte, sondern auch gesellschaftlich positioniert: Eine Spielzeit, die sich stärker denn je für Demokratie und Vielfalt auf und hinter der Bühne einsetzt. 

Denn wie Hermann Hesse schon wusste: „[J]edem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ 

Veröffentlicht: Oldenburgisches Staatstheater. Theaterzeitung. September 2025/26. (29.08.2025).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert