Advent, Glühwein und Artikel 1

Der Dezember und die Verantwortung für die Menschenrechte

Verkaufsstände, Tannengrün, Feststimmung: Auf den Straßen und Plätzen der Oldenburger Innenstadt stehen die Weihnachtsmarktbuden und es duftet nach Glühwein, Lángos und gebrannten Mandeln. Die Schaufenster sind mit Lichtern, Sternen und Weihnachtsbaumkugeln dekoriert, ein dickbäuchiger Weihnachtsmann steht auf dem Schlossplatz und die Einwohner:innen aus Oldenburg und umzu zieht es zum Geschenkbummel in die Geschäfte. Einhellige Harmonie in der niedersächsischen Stadt. Es ist keine Frage: Wir lassen es uns gut gehen in der Weihnachtszeit. Es ist die Familienzeit des Jahres. Wir kuscheln uns ein, gehen ins Theater und belohnen uns für ein Jahr, das wir bald hinter uns lassen werden. Was erwartet uns noch im Dezember? Was könnte wichtiger sein als der Weihnachtstrubel?  

Ein Tag, der aus diesem Monat gleichermaßen heraussticht und in ihm untergeht ist der 10. Dezember. An diesem Tag jährt sich die Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Am 10. Dezember 1948 von den Vereinten Nationen beschlossen, ist sie ein grundlegender Meilenstein für die weltweite Anerkennung von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Was bedeuten Menschenrechte heute, in einer globalisierten und kapitalistischen Welt, in der der Respekt vor der Würde des Menschen oft auf dem Prüfstand steht?

Die Erklärung hat 30 Artikel in denen politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie Bürgerrechte festgelegt sind. Grundlage der Erklärung ist die Feststellung, dass alle Menschen, unabhängig von Rasse, Geschlecht oder Religion „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ sind. 

Der Dezember ist ein Monat, den man besonders genießen kann, wenn man das Glück hat, in einer privilegierten Situation zu sein. Jeden Tag unser Adventskalendertürchen öffnen, während andere nicht wissen, wie sie den nächsten Tag überstehen sollen. In unserem Alltag ist es leicht zu vergessen, dass Chancengleichheit und Menschenrechte für jeden – in unserer Gesellschaft wie auf der gesamten Welt – wichtige und schöne Konzepte, aber nicht Lebensrealität sind. 

Wie können wir diesem Tag gerecht werden? Während wir es uns in der winterlichen Gemütlichkeit gut gehen lassen, wäre es ein Zeichen der Solidarität, uns bewusst zu machen, dass Menschenrechte keine abstrakten Prinzipien, sondern reale Ansprüche sind – Ansprüche, die täglich verteidigt und verwirklicht werden müssen. Inmitten des weihnachtlichen Lichterglanzes können wir uns fragen: Was kann ich persönlich tun, um diese Werte zu leben?

Vielleicht liegt die Antwort darin, über den Tellerrand zu schauen, aktiv zu werden und praktische Solidarität zu leben. Es geht nicht darum, auf festliche Freuden zu verzichten, sondern darum, an die zu denken, die diese Möglichkeiten nicht haben und aktiv zu werden. Denn am Ende sind Menschenrechte kein einmaliges Geschenk – sie sind eine Verpflichtung, die wir jeden Tag neu annehmen müssen.

Wer sich dafür interessiert, wie man praktische Solidarität im Alltag leben kann, kann sich bei der Veranstaltung der Gruppe »Solidarisch in der Migrationsgesellschaft« am 31.01.2025 in der Exhalle informieren. 

Veröffentlicht: Oldenburgisches Staatstheater. Theaterzeitung. Dezember 2024/25. (06.12.2024).

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