»Ich glaube nicht, dass wir hier je zur Ruhe kommen« 

Warum Mascha Kaléko heute noch berührt

»Mir ist zuweilen so, als ob 

Das Herz in mir zerbrach. 

Ich habe manchmal Heimweh. 

Ich weiß nur nicht, wonach.«

Diese Zeilen der Dichterin Mascha Kaléko sind schlicht, direkt und treffen doch mitten ins Herz. Kaléko, die in den 1930er-Jahren mit ihrer Großstadtlyrik bekannt wurde, verstand es, die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Zeit in prägnante Verse zu fassen. Ihre Gedichte erzählen von Liebe und Verlust, vom Exil und der Suche nach Heimat – Themen, die bis heute nichts an Relevanz verloren haben. Die Lebensgeschichte der Dichterin, die sich ihr Leben lang auf der Suche nach Heimat befand, wird auf der Bühne des Kleinen Hauses im Oldenburgischen Staatstheater in der Inszenierung »Mascha K.« von Ebru Tartıcı Borchers zur Aufführung gebracht. 

»Ich glaube nicht, dass wir hier je zur Ruhe kommen«, schrieb Mascha Kaléko 1941 in ihr Tagebuch. Geboren wurde Kaléko 1907 in Galizien. Während des Ersten Weltkriegs siedelte sie mit ihrer Familie nach Deutschland über, wo sie später auch Karriere mit ihrer Literatur machte. Sie kam unter anderem mit Else Lasker-Schüler und Joachim Ringelnatz als Vertreter:innen der künstlerischen Avantgarde in Kontakt. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialist:innen und dem Verbot ihrer Bücher als »schädliche und unerwünschte Schriften« wurde sie mit ihrer Familie erneut zur Emigration gezwungen. Zusammen mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn landete Kaléko in New York, in einer zu kleinen Wohnung und der Möglichkeit beraubt, ihrer künstlerischen Tätigkeit nachzugehen. Was bedeutet es zu schreiben und rezipiert zu werden? Was bedeutet es Kunst machen zu können oder diese Möglichkeit zu verlieren? Und was bedeutet es immer auf der Flucht zu sein und niemals anzukommen? Fragen über Migration und Exil, die zeitlos und brennender denn je sind – denn Mitte 2024 sind weltweit 122,6 Millionen Menschen auf der Flucht. 

Kalékos Gedichte treffen heute wie vor hundert Jahren auf den Punkt, da sie Gefühle zum Ausdruck bringen, mit denen man genauso heute wie morgen resonieren kann. Ob Herzschmerz, Einsamkeit oder die Freude über die kleinen alltäglichen Dinge. In ihrer sprachlichen Poetik fängt die Autorin die universell-menschlichen Emotionen ein. Das ist es doch, was gute Literatur ausmacht, oder? Die Gewissheit darin zu finden, dass bereits andere Menschen, sei es vor hundert oder tausend Jahren, schon einmal dasselbe gefühlt oder gedacht haben, wie man selbst. 

Wenn man Lyrik liest, wie die von Mascha Kaléko, kann man sich nicht alleine fühlen. Und das ist etwas ganz Wunderbares. 

MASCHA K. (TOURIST STATUS)

Schauspiel von Anja Hilling

PREMIERE: Freitag, 6.6. | 20:00 Uhr | Kleines Haus 

Einführungssoirée und Probenbesuch: 26.5. | 18:00 Uhr | Hauptfoyer 

Vorstellungen: 11.6., 18.6., 20.6., 25.6., 2.7.

Regie: Ebru Tartıcı Borchers | Bühne: Sam Beklik | Kostüme: Luisa Wandschneider | Musik: Dani Catalán | Licht: Philipp Sonnhoff | Dramaturgie: Verena Katz

Mit: Meret Engelhardt, Paulina Hobratschk, Katharina Shakina, Franziska Werner, Gerrit Frers, Konstantin Gries, Florian Heise

Veröffentlicht: Oldenburgisches Staatstheater. Theaterzeitung. Mai 2024/25. (10.05.2025).

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