Fluchtgeschichten Raum geben  

Wanderausstellung „Es ist nicht leise in meinem Kopf“ an der Oldenburger Universität 

Vom 13. Oktober bis 11. November können Interessierte die Ausstellung des Flüchtlingsunterstützerkreis Schwarzenberg im Gebäude A14 der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg besuchen. Großformatig sind dort Bilder zu sehen und Geschichten von geflüchteten Menschen zu lesen, über ihre Flucht, den Verlust, das Ankommen und alles, was dazu gehört. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr zugänglich. Der Eintritt ist frei. 

35 Bilder und Interviews erzählen den Besucherinnen und Besuchern von Krieg, Sehnsüchten, Neuanfang. Die porträtierten Personen sind aus verschiedenen Ländern, wie Afghanistan, Somalia, Marokko, Kamerun, Syrien und vielen mehr. 

Auch Infografiken sind vorhanden, die Aufklärung zu Fluchtrouten nach Europa und Zahlen rund um Flucht beleuchten.  

Die Ausstellung wurde 2023 von Lenore Lobeck in Zusammenarbeit mit Ishema Kane und dem Flüchtlingsunterstützerkreis Schwarzenberg entwickelt. Sie ist mittlerweile zum 20. Mal unterwegs und macht diesen Herbst Station in Oldenburg. Im Zentrum stehen die Stimmen und Erfahrungen von Menschen auf der Flucht: ihre Ängste, Hoffnungen und die oft überhörten Realitäten ihres Alltags. Ausgangspunkt war eine zentrale Frage: Wer weiß überhaupt etwas über das Leben und die Ängste von Geflüchteten? Die Ausstellung zeigt auf, dass Flucht kein freiwilliger oder leichtzunehmender Entschluss ist. Die Gründe sind vielfältig und gleichermaßen unaushaltbar: Gewalt, Krieg, Unterdrückung, Verfolgung, Naturkatastrophen. Und auch das Ankommen ist ebenso schwer. So schreibt Leonore Lobeck: „In Europa angekommen, fallen für kurze Zeit alle Ängste ab. […] Die Europäische Union und Deutschland verschärften seit 2015 kontinuierlich die Asylgesetze, die auf Abschiebung, Ausgrenzung und Abschottung zielen. […] Die Verpflichtungen überfordern die Schutzsuchenden und potenzieren deren Schmerzen. Es kann nicht leise sein in ihren Köpfen.“

So erzählt Emmanuel, 32 Jahre alt, aus Kamerun Lobeck und Kane von seiner Verhaftung nach einer Teilnahme an einer Demonstration: „Wenn du gegen die Politik bist, suchen sie dich und sie machen dich tot. […] [W]enn du im Gefängnis bist, niemanden hast, musst du bleiben. Es gibt keine Gesetze. Die Leute vergessen dich.“ Er berichtet auch über Deutschland, über Rassismuserfahrungen im Alltag, im Bus und im Supermarkt, und darüber, dass er immer wieder in eine Schublade gesteckt wird. Wie Emmanuel hat auch Hasan, 35 Jahre alt, Zuflucht in Deutschland gefunden: „2016 war es schwer in Stollberg. Wir kannten die Sprache nicht. Auf der Straße waren Demos gegen Ausländer. Wir hatten Angst. Jetzt haben wir viele Freunde und Kollegen. Wir verstehen Deutsch. Wie sind angekommen. Jetzt zeigen wir denen, was wir können.“ 

Der Flüchtlingsunterstützerkreis Schwarzenberg kennt die Nöte, Sorgen und Bedarfe der Geflüchteten. Ziel der Ausstellung sei es, mit den verschiedenen Geschichten Einblicke in das Leben von Geflüchteten zu geben, um damit Verständnis und Verständigung zu schaffen. 

2023 ist bei dem Verlag fabrik.transit das zweibändige Buch „Es ist nicht leise in meinem Kopf. Zufällig in Schwarzenberg“ erschienen. Der Hauptband beinhaltet die Fotos, Interviews und Grafiken, die bei der Ausstellung zu sehen sind. Der Begleitband beschäftigt sich mit Flucht und Ankommen, gibt Informationen zum Asylverfahren sowie zu den verschiedenen Ländern. Ein Buch, das Verständnis fördert und Vorurteilen begegnet. Eine Ausstellung, die zum Nachdenken anregt. 

Die Wanderausstellung „Es ist nicht leise in meinem Kopf“ wird präsentiert durch den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Oldenburg.

Weitere Informationen zum Buch und zur Ausstellung finden Sie unter: https://www.esistnichtleise.de/

Veröffentlicht: Extrablatt. Uni/Gastro Oldenburg. Herbst/Winter 2025.

Die Notwendigkeit des Vorlesens

Meine früheste Erinnerung an das Theater und der Beginn meiner bis heute andauernden Faszination begann im Märchentheater. Weite, bunte Kostüme, Schlösser und Bauernstuben, Drehbühnen und ganz viel Magie zogen mich in ihren Bann. Gebürtig aus der Brüder-Grimm-Stadt Hanau fieberte ich an der Kante meines Sitzes mit Dornröschen, die sich an der Spindel stach, mit Schneewittchen, die in den vergifteten Apfel biss, und mit dem tapferen Schneiderlein, das durch listige Taten den Riesen an der Nase herumführte. Märchen nahmen früh eine Rolle in meinem Leben ein, ob auf der Bühne, im Sonntagmorgen-Fernsehprogramm oder wenn meine Eltern sie mir vorlasen oder frei erzählten.

Am 21. November jährt sich der bundesweite Vorlesetag. Ein Anlass, sich daran zu erinnern, wie wichtig das Erzählen und Vorlesen geblieben ist. Vorlesen ist eine der ältesten und zugleich wirkungsvollsten Formen der Sprach- und Kulturvermittlung. Es schafft eine Brücke zwischen Generationen und Welten. Beim Vorlesen entsteht ein Moment der gemeinsamen Aufmerksamkeit, in dem Stimme, Rhythmus und Fantasie Worte lebendig werden lassen. Kinder hören zu, fühlen mit und entfalten ihre Vorstellungskraft.

Zugleich fördert das Vorlesen Bildung und Empathie: Es erweitert den Wortschatz, stärkt das Sprachverständnis und öffnet emotionale wie gedankliche Räume. Geschichten machen erfahrbar, was sonst abstrakt bliebe, und regen dazu an, sich in andere Perspektiven hineinzuversetzen. So ist das Vorlesen nicht nur ein pädagogisches, sondern auch ein zutiefst menschliches Ritual des Teilens, das Gemeinschaft stiftet. Ebenso wie es das Theater immer wieder tut.

Diese frühen Erlebnisse mit den Märchen und dem Theater haben mich geprägt. Vielleicht zieht mich gerade deshalb bis heute jedes Weihnachtsmärchen aufs Neue in seinen Bann. In diesem Jahr erzählt das Oldenburgische Staatstheater mit »Die Schöne und das Biest« von einer Liebe, die über den äußeren Schein hinausblickt, von Mut, Güte und innerer Schönheit, und bringt den alten französischen Stoff auf humorvolle Weise durch zwei erzählende Feen, Mr. Pink und Cécile, und ihren rostfreien, wetterfesten, gehirnzapfenden Gedankenfänger zu neuem Leben. 

Märchen sprechen uns noch heute an, weil sie in Bildern erzählen, was viele Menschen bewegt: kindliche Faszination, das Überwinden von Angst und die Hoffnung, dass das Gute am Ende siegt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann…

Veröffentlicht: Oldenburgisches Staatstheater. Theaterzeitung. November 2025/26.(30.10.2025). 

DIE SCHÖNE UND DAS BIEST

von Lucy Kirkwood / Katie Mitchell

Deutsch von Katharina Schmitt

PREMIERE: Sonntag, 30.11. | 15:00 Uhr | Großes Haus 

Vorstellungen: 1.12., 2.12., 3.12., 5.12., 6.12., 7.12., 8.12., 9.12., 10.12., 11.12., 12.12., 14.12., 15.12., 16.12., 17.12., 18.12., 21.12., 23.12., 26.12., 29.12., 4.1.

Regie: Krystyn Tuschhoff | Bühne und Kostüme: Anike Sedello | Musik: Jan Wilhelm Beyer | Licht: Arne Waldl | Dramaturgie: Matthias Grön, Annika Müller | Theatervermittlung: Liliane Bauer

Mit: Florian Heise, Esther Berkel, Sofie Junker, Pippa Fee Rupperti, Franziska Werner, Gerrit Frers, Michel Brandt, Darios Vaysi